Die Nightingale-Schwestern – Zeit der Entscheidung by Donna Douglas

Die Nightingale-Schwestern – Zeit der Entscheidung by Donna Douglas

Autor:Donna Douglas [Douglas, Donna]
Die sprache: deu, hin
Format: epub
ISBN: 978-3-7325-4051-8
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2017-05-30T22:00:00+00:00


KAPITEL ACHTUNDZWANZIG

»Ich verstehe das nicht. Was hat sie denn im Keller gemacht?«

»Weiß ich nicht, meine Liebe«, antwortete Reverend Stanton. »Vielleicht hat sie dort Schutz gesucht.«

»Aber warum war sie nicht im Anderson-Unterstand bei ihrer Tante?«

Eve konnte sie reden hören, während sie bibbernd unter einer Decke saß, wusste jedoch nicht, wie sie das Gespräch einordnen sollte. Eben noch hatte sie unten in der Werkstatt gesessen und eine Hose geflickt, und im nächsten Moment wurde sie von Fremden in Uniform aus den Trümmern um sie herum gehoben.

Das Letzte, woran Eve sich erinnerte, als man sie wegtrug, war der Anblick der Registrierkasse ihrer Tante, die mitten auf einem Berg aus zersplittertem Holz lag, der einst die Ladentheke gewesen war.

Nun war sie hier im Gemeindesaal, zusammen mit all den anderen Menschen, die ihr Zuhause verloren hatten. Doch von Tante Freda keine Spur.

Reverend Stantons Tochter Muriel kam mit einem Teetablett zu ihr. »Hier. Ich habe extra viel Zucker hineingetan.« Sie hielt ihr eine Tasse hin, aber Eve nahm sie nicht.

»Haben Sie meine Tante gesehen?«, fragte sie.

Muriels Lächeln wurde zittrig. »Trinken Sie. Es wird Ihnen guttun.« Sie stellte die Tasse neben Eve auf den Boden.

Eve starrte die Tasse an. Sie verdiente es nicht, sich besser zu fühlen. »Das ist alles meine Schuld«, flüsterte sie.

Ihr war nicht bewusst gewesen, dass sie es ausgesprochen hatte, bis sie Muriels fragenden Blick bemerkte. »Was um Himmels willen meinen Sie?«, fragte sie.

Eve schüttelte den Kopf. Wie sollte sie das erklären? Muriel war viel zu gutherzig. Sie würde nie verstehen, dass jemand so böse sein konnte wie Eve.

Muriel eilte mit ihrem Teetablett weiter, und Eve schaute sich um. Reverend Stanton hatte den Gemeindesaal vorübergehend in eine Notunterkunft für die Obdachlosen umgewandelt. In dem Saal, in dem Eves Tante und die anderen Damen von der Kirche ihre Basare veranstalteten, reihten sich Matratzen aneinander. Familien hatten sich hier ein Lager hergerichtet. Sie waren umgeben von einem Sammelsurium der Sachen, die sie hatten retten können.

Eve erkannte die junge Mutter, die zwei Häuser weiter ein Zimmer gemietet hatte. Sie saß auf dem Boden und hielt ihren Säugling in den Armen, während die vier anderen schmutzig aussehenden Kinder auf der Matratze um sie herum saßen. Sie behauptete, dass sie verwitwet sei, doch Tante Freda glaubte ihr nicht.

»Ich würde sagen, keines dieser Kinder hat denselben Vater«, sagte sie immer. »Mich würde es sehr wundern, wenn sie von der Hälfte ihrer Kinder den Vater kennt.«

Tante Freda würde es gewiss nicht gutheißen, dass dieser Frau eine Unterkunft im Gemeindesaal angeboten wurde. »Gottes Haus ist kein Ort für die Gottlosen«, hätte sie gesagt.

Die junge Frau blickte auf, sah Eve, die zu ihr hinüberschaute, und lächelte ihr mitfühlend zu. Automatisch wandte Eve sich ab. Ihre Tante hatte sie so sehr gedrillt, dass sie reagierte, ohne nachzudenken.

Außerdem verdiente sie das Mitleid dieser Frau nicht. Nicht nach dem, was sie getan hatte.

Dies alles war ihre Schuld. Sie hatte dafür gebetet, dass ein Wunder geschehen möge, das ihr Leben veränderte, und Gott hatte sie dafür bestraft. Er hatte Zerstörung geschickt, und all diese armen Menschen zahlten den Preis für Eves Blasphemie.



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